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Nukleus Ansatz
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5.   Implementierung des Nukleus Ansatzes

In Kontext der Implementierung des Nukleus Ansatzes sind unter anderem folgende Faktoren relevant:

  • Kammern sind per se nicht offen für Organisationsentwicklung: Sie haben bis zu 150 Jahre alte Traditionen, ihre Repräsentanten sind als lokale Führungsschicht selbstbewusst, und sie kennen oftmals nur das vorherrschende Paradigma eines „Unternehmerklubs“ – eine Kammer als unternehmerisch gemanagter Lobby und Dienstleister ist nicht vorstell- und denkbar [1]. Sie im Rahmen einer Projektplanung mit der Forderung nach Veränderungen zu konfrontieren stößt daher überwiegend auf – offene oder versteckte – Ablehnung. Anders ist es mit den Nuklei. Für diese sind Unternehmer relativ leicht mobilisierbar – ohne dass ihnen bewusst wird, dass mit Nuklei der Samen für Veränderungsprozesse in der Kammer gelegt ist. Daher ist es bei der Einführung des Ansatzes nicht notwendig, Kammern die Notwendigkeit von Veränderungen zu erläutern – sie sind die automatische Folge der Einführung der Nuklei und bieten zahlreiche Interventionsmöglichkeiten.

  • In vielen Ländern der Dritten Welt sind kaum qualifizierte Betriebsberater im deutschen Verständnis zu von den Kammern finanzierbaren Kosten identifizierbar. Für den Nukleus Ansatz sind am Anfang „Low level“-Betriebsberater ausreichend: Sie müssen eine bestimmte Persönlichkeit besitzen, lernfähig sein und soziale Intelligenz besitzen. Die Moderation von Nuklei lässt sich ihnen im Rahmen eines mehrtägigen Trainings sowie eines anschließenden On the job Coachings vermitteln. Damit haben sie sehr schnell ein Instrument in der Hand, mit der sie im Nukleus überleben und vor den Unternehmern bestehen können. Das notwendige fachliche Know-how müssen sie sich in der Folgezeit sukzessive erarbeiten.

  • Ein Ansatz zur Förderung von Kammern wirkt nur dann nachhaltig, wenn er so angelegt ist, dass die Kammer und die Unternehmer die entwickelten Leistungen eines Tages aus eigener Kraft finanzieren können. Dies trifft für den Nukleus Ansatz zu: Weltweit gilt die – ungeschriebene – Regel, dass ungefähr zwischen 100 und 200 Mitgliedsbeiträge benötigt werden, um die Kosten eines Betriebsberaters zu finanzieren. Ein guter Nukleus-Betriebsberater kann erfahrungsgemäß bis zu 10 Nuklei managen – wenn er / sie noch Einzelbetriebsberatung macht, weniger – mit je zwischen 12 und 30 Mitglieder, insgesamt mithin zwischen 120 und 300 KMU.

  • Der Nukleus Ansatz richtet sich nicht an eine einzelne Kammer, sondern an eine Gruppe von Kammern; mindestens drei, mehr sind besser. Die Vernetzung der Kammern und der Nuklei sowie ein permanentes Benchmarking zwischen ihnen bilden ein wesentliches dynamisierendes Element. Ziel ist, dass es allmählich zur Norm für Kammern wird, Nuklei zu unterhalten bzw. für die KMU normal ist, sich in Nuklei zu engagieren. Wenn dann aufgrund von Verbreitungsaktivitäten weitere Kammern, eventuell bis hin zur nationalen Ebene, Interesse am Nukleus Ansatz entwickeln, steigen die Chancen, dass die Interventionen des Projektes auch nach Ende der Projektförderung nachhaltig wirken [2].

  • Die gleichzeitige Arbeit mit mehreren Verbänden ermöglicht, die Intensität der Projektinterventionen individuell an den Kapazitäten der einzelnen Verbände auszurichten. D.h., man kann gleichzeitig mit sehr kleinen, wenig differenzierten, eventuell bislang ausschließlich mit Ehrenamtlichen tätigen und schwachen Verbänden arbeiten, aber auch mit größeren, die bereits differenziertere Organisationsstrukturen haben.


[1]    Vgl. Müller-Glodde, Rainer: Wie plant man, was sich nicht denken lässt? in: Drehscheibe, GTZ OE 403, Organisa­tions-, Kommunikations- und Managementberatung, Nr. 9, Eschborn, Oktober 1997, S. 3-6 eine Literaturliste enthält die in Kapitel 8 zitierte Bibliographie.

[2]    Die beteiligten Brasilianer merkten sukzessive, dass es nicht um ein Kopieren eines deutschen Kammermodells ging, sondern um die Entwicklung eines eigenen. Aus dem ursprünglich „deutschen Projekt“ wurde mithin im Laufe der Zeit ein rein brasilianisches. Diese Ownership war Voraussetzung dafür, dass SEBRAE und die nationale Dachkammer CACB sich den Ansatz zu eigen machten und in ganz Brasilien verbreiteten.

6.   Wirkungen des Nukleus Ansatzes

Wirkungsanalysen in Brasilien, Uruguay und Sri Lanka [1] zeigen immer wieder ähnliche Ergebnisse:

  • Die Wahrnehmung der Nukleus Unternehmer untereinander verschiebt sich seit der Teilnahme im Nukleus erheblich in Richtung Berufskollege bis persönlicher Freund – eine Klima- und damit Standortverbesserung.

  • Die Unternehmer führen zahlreiche Veränderungen in ihren Betrieben durch und sehen subjektiv ihre Betriebe nach der Einführung der Nuklei als verbessert an. Sie sind – häufig in einem pessimistisch gesehenen Umfeld – für ihr eigenes Unternehmen mutiger und optimistischer.

  • Die Kammern werden von den Nukleus-Unternehmern verstärkt als offen für KMU und effiziente Dienst- und Lobbyinstitution angesehen.

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  • Die Kammern werden mitgliederorientierter und organisatorisch effizienter. Ihre Mitglieder­zahl steigt durch die Einführung des Nukleusansatzes beträchtlich, wie das Beispiel aus Sri Lanka zeigt:

Gemessen am jeweiligen Mitgliederbestand der Kammern zum Zeitpunkt des Beginns der Implementierung von Nuklei nahm die Zahl der durch die Kammern erreichten Unternehmer bis Ende 2005 um 250% zu. Die ständig steigenden weißen und schwarzen Bereiche zusammen zeigen die Nukleusmitgliederentwicklung, wogegen der überwiegend stagnierende graue Bereich die Kammermitglieder darstellt, die nicht an einem Nukleus teilnehmen.

 

  • Nuklei können unter dem Dach ihres Verbandes mittels Lobbyaktivitäten erfolgreich ihr Umfeld – private und öffentliche Institutionen – beeinflussen.

Der größte Lerneffekt für die KMU: Die Entwicklung ihrer Unternehmen beginnt nicht mit Geld – Zuwendungen, Kredite – und Maschinen, sondern mit Ideen, Know-how, Organisation und Mitarbeiterführung.

Dies zeigt, dass der Nukleus Ansatz bzgl. der Unternehmer und Verbände hinsichtlich seiner Annahmen, Logiken, Organisation und Wirkungen greift.


[1]    ESSP befragte 2005 490 Unternehmer, davon 450 Nukleus-Teilnehmer. Die Daten der nachfolgenden Graphiken zeigen Resultate dieser Umfrage. Sie entsprechen weitestgehend vorher in Brasilien durchgeführten Untersuchungen.